Zu meinem Kunstprojekt „quadrat plus – variationen“ im Torhaus Rombergpark

 

Es ging mir mit dem Projekt „quadrat plus – variationen“ nicht zuletzt darum, meine Wahrnehmung des Ausstellungsortes Torhaus Rombergpark mit seiner besonderen Charakteristik und seiner bis ins Mittelalter zurückreichenden Geschichte in das Ausstellungskonzept einfließen zu lassen.

 

Meine Auseinandersetzung mit dem Quadrat begann im Sommer 2014 während eines Aufenthalts auf Korsika. Das mediterane Licht, das maritime Mileu, die wunderbaren Landschaftseindrücke erzeugten in mir den Impuls, beim Zeichnen den harten Schwarzweiß-Kontrast zu suchen und ihn in der „magischen“ Form des Quadrats Gestalt finden zu lassen. Natürlich denkt der Künstler bei solchem Tun auch an das berühmte Bild "Schwarzes Quadrat auf weißem Grund" von Kasimir Malewitsch. So entstand ein Zyklus von Zeichnungen auf Papier, der immer noch nicht abgeschlossen ist. Als ich das Konzept für diese Ausstellung in der städtischen Galerie Torhaus Rombergpark zu entwickeln hatte, entschied ich mich, eine Auswahl von Blättern aus diesem Zyklus zum Ausgangspunkt zu nehmen.

 

Dabei spielte nicht zuletzt die Überlegung mit, den wuchtigen und merkwürdig gerundeten Bau des Torhauses mit seinem mittelalterlich-rustikalen Gemäuer zu konfrontieren mit der gleichsam „immateriellen“ Fragilität von Zeichnungen auf Pa-pier (selbstverständlich ohne Glas und Rahmen). Besonders geeignet schienen mir dafür Zeichnungen, die der strengen geometrischen Form des Quadrats gewidmet sind. Was Letzteres betrifft, so spielte, banal ausgedrückt, der Gedanke mit, das Eckige ins Runde zu bringen. Weitere Arbeiten in anderen Techniken und Formaten, so der Plan, sollten hinzu kommen. Arbeiten, die es noch zu schaffen galt und die ebenfalls einen Bezug zu Malewitschs emblematischem Bild aufweisen sollten.

 

Zu beachten ist, inwiefern meine spezifische Auffassung von Malerei (aber auch von Zeichnung) sich absetzt von dem klassischen Konzept der Malerei, dem Malewitsch noch verpflichtet war. Meine Auffassung schließt die materiell-physische Präsenz der Farbe, die Wahrnehmung ihrer Stofflichkeit ebenso als ästhetisches Moment ein, wie die der so genannten Bildträger (Leinwand, Papier usw.). Insofern tendiert für mich Malerei und sogar Zeichnung auf Papier bereits zum Objekt. Folgerichtig weitet meine Beschäftigung mit dem Quadrat sich von der rein zeichnerischen und malerischen Ebene auf das plastische Gebilde aus, gewinnt also auch, sich objektivierend, Gestalt als Objekt bzw. Skulptur oder Installation.

 

So zeigt diese Ausstellung an einer Wand ein schwarzes und ein weißes Quadrat, jeweils in der plastischen Gestalt eines „Bildobjekts“. Ihre extremste Ausformung findet jene bildkünstlerische Metamorphose des Quadrats jedoch in der raumgreifenden Bodeninstallation, gestaltet aus einer großen Anzahl von Vierkanthölzern, die teilweise mit Blei ummantelt und mit weißem Pigment bearbeitet sind.

 

Kann es sein, dass eine bildnerische Auseinandersetzung mit dem Quadrat sich erschöpfen muss in formalistischer Spielerei? Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht, wie sich die schweizerische Kunsthistorikerin Maria Becker zu Malewitschs ‚Schwarzem Quadrat auf weißem Grund‘ äußert. Die geometrische Form des Quadrats sei für Malewitsch die Tür zu einem unbekannten Raum. Das Schwarz dieser Form sei ebenso grenzenlos wie das Weiß, in dem sie schwebe: Alle Formen und alle Farben seien darin enthalten. Und weiter meint Maria Becker zu Malewitschs Bild: "Das ‚Schwarze Quadrat‘ ist nicht richtig quadratisch. Seine Form ist trapezoid, keine der Kanten läuft parallel mit dem Bildrand".

 

Sie fragt, warum er es so gemacht hat. "Es muss etwas mit dem Lebendigen zu tun haben. Die Abweichung vom absoluten Regelmaß ist eine Grundbedingung für das Empfinden des Lebendigen. Das Regelmaß ist tot, und sei es so natürlich wie bei Schneekristallen, die Thomas Mann in seinem Roman ‚Der Zauberberg‘ beschreibt."

 

Maria Becker zitiert aus Thomas Manns ‚Zauberberg‘: „In sich selbst war jedes der kalten Erzeugnisse von unbedingtem Ebenmaß und eisiger Regelmäßigkeit, ja, dies war das Unheimliche, Widerorganische und Lebensfeindliche daran; sie waren zu regelmäßig, die zum Leben geordnete Substanz war es niemals in diesem Grade, dem Leben schauderte vor der genauen Richtigkeit, es empfand sie als tödlich, als das Geheimnis des Todes selbst.“


 

Hanfried Brenner am 21. Oktober 2017

 

 

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